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Provinzial-Correspondenz
1877
04. April , Seite 1"...No. 14. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 4. April 1877. Fürst Bismarck's Politik in Elsaß-Lothringen. Der Reichstag hat kurz nach einander zwei wichtige Fragen zur Entscheidung gebracht, die eine unter scharfen Meinungskämpfen, die andere unter Stimmungen lebhafter nationaler Befriedigung: wenn die Kämpfe über den Sitz des Reichsgerichts zunächst die friedlichen Erörterungen über Elsaß-Lothringen übertönt haben und zunächst auch nach getroffener Entscheidung noch nicht ganz verklungen sind, so dürfen die stärkeren Eindrücke derselben doch die patriotische Genugthuung über die bedeutsamen Anzeichen nicht zurückdrängen, welche bei Gelegenheit der Berathung über Elsaß-Lothringen an den Tag getreten sind; vielmehr wird der nationale Sinn in der hoffnungsvollen Entwickelung der deutschen Politik in den Reichslanden, welche durch jene Verhandlungen eine entschiedene Bestätigung erhalten hat, sich in der Ueberzeugung bestärkt finden, daß trotz aller Zweifel und Bedenken über diese oder jen ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
04. April , Seite 2"...Reiches dieselbe hervorragende Bedeutung erlangen, wie, zu Ehr' und Ruhm Ihrer Vorfahren, in den besten Zeiten des alten Reiches. – Die Zukunft Elsaß-Lothringens liegt zum guten Theile in Ihrer Hand. Ihr Einfluß darauf wird um so größer und wohlthätiger sein, Sie werden um so sicherer die Basis zur Heranbildung eines eigenartigen Staatswesens gewinnen, je fester Sie bei Ihren Berathungen stets vor Augen haben, daß die Interessen Elsaß-Lothringens unlösbar mit denen des Deutschen Reiches verbunden sind, je muthiger Sie dazu helfen, daß die Elsaß-Lothringer ihr Vaterland in Deutschland suchen und wiederfinden.« Die Erwartungen, welche die Regierung an die Einrichtung des Landesausschusses geknüpft hatte, sind in hohem Maße in Erfüllung gegangen: derselbe hat seine Aufgabe vom ersten Augenblick an richtig erfaßt und zugleich im Lande Einfluß und Bedeutung gewonnen; seinem Wirken ist es mit zu danken, daß ein Umschwung in der öffentlichen Meinung eingetreten ist, daß »ein immer größerer Theil der Bevö ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
11. April , Seite 1"...No. 15. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 11. April 1877. Beurlaubung des Reichskanzlers. Das Abschiedsgesuch des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck ist von Sr. Majestät dem Kaiser nicht genehmigt worden: das Oberhaupt des Deutschen Reiches hat in Uebereinstimmung mit den Kundgebungen der öffentlichen Meinung, wie sie auf die Nachricht von dem Gesuch des Fürsten überall lebhaft und dringlich hervorgetreten sind, als den höchsten Gesichtspunkt für seine Entschließungen erachtet, dem Kanzler jede zeitweise nöthig erscheinende Befreiung von seinen Geschäften eher zuzugestehen, als in seinen wirklichen Rücktritt zu willigen. Der Kaiser und das deutsche Volk können und wollen sich nicht mit dem Gedanken vertraut machen, daß der Staatsmann, aus dessen gewaltigem Denken und Schaffen die Gestaltung unseres nationalen Gemeinwesens hervorgegangen ist, und der die Entwickelung desselben seither durch alle Schwierigkeiten von Stufe zu Stufe glücklich hindurchgeführt hat, seine Hand von der weiteren Leitung ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
11. April , Seite 2"...wegs sagen, daß die verbündeten Regierungen nicht das Bedürfniß anerkennen, in manchen Beziehungen, auch bezüglich einiger derjenigen Punkte, die in der Interpellation hervorgehoben sind, einer Aenderung der Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung näher zu treten. Die verbündeten Regierungen haben das bereits bezüglich einiger Punkte dadurch gethan, daß die Resultate der Ermittelung über das Lehrlingswesen und über die Kinder- und Frauenarbeit von ihnen zum Gegenstande einer gründlichen Prüfung gemacht sind. Die Aeußerungen der deutschen Regierungen darüber erkennen, so weit sie vorliegen, in manchen Beziehungen das Bedürfniß einer Reform an. Es habe sich aber auch gleichzeitig die Meinung geltend gemacht, daß gerade die jetzige Zeit einer wirthschaftlichen Krisis nicht geeignet sei, um solche Reformen der Gewerbeordnung einzuführen, die für den Betrieb des Gewerbes Erschwerungen oder überhaupt eingreifende neue Normen mit sich bringen würden. Auch die Gefahr liege nahe, daß man gerade unter dem Eindruck der jetzige ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
18. April , Seite 1"...No. 16. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 18. April 1877. Der Reichskanzler und der Reichstag. Die Beurlaubung des Reichskanzlers hat eine Erörterung im Reichstage veranlaßt, welche sich zu einer bedeutsamen Kundgebung des Vertrauens für den Kanzler gestaltet hat. Dem Reichstage wurde am vorigen Mittwoch (11.) ein Schreiben des Fürsten von Bismarck mitgetheilt, durch welches der Kanzler den Präsidenten der Versammlung benachrichtigte, daß der Zustand seiner Gesundheit ihm zu seinem lebhaften Bedauern nicht gestatte, sich an den bevorstehenden Verhandlungen des Reichstages zu betheiligen. Behufs seiner Wiederherstellung habe Se. Majestät der Kaiser ihm einen Urlaub ertheilt und genehmigt, daß während der Dauer desselben seine Vertretung in den laufenden Geschäften bezüglich der inneren Angelegenheiten des Reichs von dem Präsidenten des Reichskanzleramts und bezüglich der auswärtigen von dem Staatssekretär von Bülow übernommen werde. Nach der Verlesung dieses Schreibens wurde von einem der Führer ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
18. April , Seite 2"...Reichsangelegenheiten versehen und verfehlt ist, selbst noch wieder gut zu machen im Stande ist durch seine energische große Persönlichkeit.« Endlich schloß sich Graf Bethusy-Hue Namens der (freikonservativen) deutschen Reichspartei den Ausführungen des Abgeordneten v. Bennigsen entschieden an und schloß auch seinerseits mit dem Wunsche, daß es dem Reichskanzler bald vergönnt sein möge, nach Kräftigung seiner Gesundheit dem Vaterlande seine Dienste weiter zu weihen. Als Gesammtergebniß der Verhandlungen bleibt der Eindruck zurück, daß das Verständniß für die Wirksamkeit und die Verdienste des Fürsten Bismarck an Umfang gewonnen hat. Der Verlauf dieser neuesten Krisis war in der That »die Häufung einer neuen Fülle von Vertrauensbeweisen auf das Haupt des leitenden Staatsmanns; denn abgesehen von dem Verhältniß des Reichskanzlers zu seinem Souverän, ein Verhältniß, das der Kaiser selbst als unzerreißbar erklärte – haben die Bundesfürsten wie die heißspornigsten Einheitspolitiker, haben Liberale und Konservative ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
18. April , Seite 3"...Vertrauen haben, daß uns das, was uns noch fehlt, auch noch werden dann, auch uns, den Mitgliedern, und daß, wo das Bedürfniß so stark hervorgetreten ist, wie in den hier zur Sprache gebrachten Verhältnissen, daß es in nächster Zukunft möglich sein wird, an die Lösung dieser Frage zu gehen. Nach des Kanzlers Rückkehr werden meine politischen Freunde gern auf diese Fragen eingehen, in seiner Abwesenheit jedoch nicht. Nach 1866 hegte man in Deutschland bei den Einzelstaaten die Sorge einer Entwickelung und Führung in den Einheitsstaat hinein, und nachher hat sich das Verhältniß so gestaltet, daß gerade der deutsche Kanzler der bestimmte und feste Halt für diese Regierungen gewesen ist. Das Vertrauen, welches der Kanzler in dieser Richtung gewonnen hat, ist so unentbehrlich für die weitere Gestaltung der Dinge in Deutschland, daß ein Ersatz in der Hinsicht nicht möglich wäre . Also wenn wir in diesem Augenblick nicht in der Lage sind, auf diese Fragen näher einzugehen, geschweige darüber Beschlüsse zu fassen, so ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
18. April , Seite 4"...des Hrn. Abg. Fritzsche und Genossen. Ich möchte nur meine Befriedigung darüber ausdrücken, daß die Herren mit diesem Antrage, wie ich glaube, zum ersten Male in diesem Hause den Weg einer praktischen Sozialpolitik betreten haben, daß sie endlich einmal mit Vorschlägen gekommen sind, über die sich überhaupt verhandeln läßt. Ich glaube, daß sie, wenn sie auf diesem Wege bleiben, den arbeitenden Klassen weit mehr nützen, als durch Agitationen, die dahin gehen, nur Unzufriedenheit und Klassenhaß zu erregen, und deren Endziel, welches den Arbeitern als Erlösung von ihrer jetzigen Lage hingestellt wird, der Umsturz der heutigen Gesellschaft ist, – ein Umsturz, unter dem, wenn er jemals eintreten sollte, Niemand schwerer leiden würde, als die Arbeiter selbst . Der Reichstag hat im Laufe der jüngsten Woche täglich ausgedehnte Sitzungen gehalten und neben der ersten Lesung des Landeshaushalts für Elsaß-Lothringen , der Berathung und Genehmigung eines Freundschaftsvertrages mit den Tonga-Inseln und der Besprechung der ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
26. April , Seite 4"...durch das Ausland, – um einen Schritt ausgleichender Gerechtigkeit gegenüber offenbarer Unbill. Nachdem die deutsche Regierung wegen der von Frankreich geübten Praxis wiederholt Vorstellungen erhoben habe, eine Abhülfe aber nicht erfolgt sei, dürfe man der Fortsetzung des Unrechts nicht mit untergeschlagenen Armen zusehen, sondern man müsse selbstständig Mittel ergreifen, wie die Ausgleichungsabgaben, um die in Rede stehende Beeinträchtigung unserer Industrie soviel als möglich abzuwenden. Die lebhaften und in vieler Beziehung bedeutsamen Verhandlungen führten zu dem Beschluß, die Vorlage demnächst im Reichstage selbst zur zweiten eingehenden Berathung zu bringen. Bei der weiteren Berathung des Reichshaushalts-Etats führte am Dienstag (24.) vornehmlich die Mehrforderung einer dreizehnten Hauptmannsstelle in jedem Regiment zu eingehenden Erörterungen. Die von der Budgetkommission befürwortete Forderung wurde Seitens der ultramontanen und der Fortschrittspartei bestritten, dagegen vom Feldmarschall Graf Moltke ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
26. April , Seite 1"...No. 17. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 26. April 1877. Der Ausbruch des russisch-türkischen Krieges. Rußland hat der Türkei den Krieg erklärt, das ist die wichtige Kunde, welche im Augenblick ganz Europa bewegt. Der Kaiser Alexander hat vom Hauptquartier Kischeneff am 24. (dem russischen 12.) April folgenden Aufruf an sein Volk erlassen: »Unsere treuen Unterthanen kennen das lebhafte Interesse, welches Wir beständig den Geschicken der von der Türkei unterdrückten christlichen Bevölkerung gewidmet haben. Unser Wunsch, das Loos derselben zu verbessern und zu gewährleisten, wird von der ganzen russischen Nation getheilt, welche sich nunmehr bereit zeigt, neue Opfer zu bringen, um die Lage der Christen in der Balkan-Halbinsel zu erleichtern. Gut und Blut Unserer treuen Unterthanen ist Uns immer theuer gewesen. Unsere ganze Regierung bezeugt die beständige Sorgfalt, Rußland die Wohlthaten des Friedens zu erhalten. Diese Sorgfalt hat Uns unaufhörlich seit Beginn der traurigen Ereignisse in Bosnien, ..."