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Provinzial-Correspondenz
1877
14. März , Seite 3"...Verschanzungskampfe und Ringen nach Macht im Innern gar nicht heraus und kommt über diese Streitigkeiten eben nicht dazu, zu erwägen, wie sitzt der schwere Steuerrock dem Volke am bequemsten, oder vielmehr, wie läßt er sich am bequemsten tragen. Nun ich erkläre also, daß wir vor der Hand innerhalb des Reichskanzler-Amts und in den Behörden mit Zuziehung der preußischen Behörden, die uns ihren Beistand leihen, damit beschäftigt sind, eine Steuerreform vorzubereiten, daß ich die Hoffnung habe, daß Sie, und zwar in dem von dem Herrn Abgeordneten Richter getadelten Sinne, bei einer Verstärkung der indirekten Steuern uns zur Seite stehen werden. Wir hoffen, sie Ihnen bei der nächsten Reichstags-Session vorzulegen . Wenn dann der Gedanke des Herrn Abgeordneten Richter die Oberhand gewinnt, daß die indirekten Steuern vorzugsweise den Armen belasten und den Reichen freilassen, wenn das wirklich ein richtiger wirthschaftlicher Satz ist, dann werden Sie ja diese Sache ablehnen, und wir werden dann wieder von vorn anfan ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
14. März , Seite 4"...dominiren, und wenn dies geschieht und der Reichstag mit den verbündeten Regierungen oder doch wenigstens mit dem Kaiserlichen Antheil innerhalb der Regierungssphäre einig ist, und die Führung vorsichtig vorwärts geht, dann, meine Herren, kommen wir zu einem Ziele, welches allen billigen und verständigen Wünschen unserer Mitbürger entsprechen wird. Der Reichstag hat seine Sitzungen am Donnerstag (8.) wieder aufgenommen und an diesem Tage zunächst die Gesetzentwürfe über das Rechnungswesen des Reiches in erster Lesung berathen. Von konservativer und national-liberaler Seite wurde der Wunsch auf das endliche Zustandekommen dieser für die Finanzkontrolle wichtigen Gesetzentwürfe dringend betont und die demnächstige zweite Lesung im Hause selbst beantragt und von der Mehrheit beschlossen. Die Berathung des Reichshaushalts begann am Sonnabend (10.) und wurde vom Präsidenten des Reichskanzler-Amtes, Minister Hofmann , mit einer übersichtlichen Darlegung der Finanzlage eingeleitet. Zur Deckung des Mehrbedarfs von 26 ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
21. März , Seite 1"...No. 12. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 21. März 1877. Achtzig Jahre . Ein fürstlicher Geburtstag, wie wir ihn am 22. März feiern, ist in Preußen und Deutschland noch niemals und mit gleich erhebenden Gefühlen wohl überhaupt niemals begangen worden: kein König von Preußen, kein deutscher Kaiser hat das achtzigste Lebensjahr vollendet, und wenn die Geschichte von regierenden Fürsten in solchem Alter berichtet, doch von keinem, der auf dieser Lebenshöhe in so rüstiger Kraft zugleich auf der Höhe seines Fürsten- und Heldenruhms und inmitten des freudigsten Schaffens für sein Reich und sein Volk gestanden hätte, wie unser Kaiser und König. Es ist ein wunderbares Leben in jeder Beziehung, das dem erhabenen Fürsten beschieden war: er selber hat es erst neuerdings wieder ausgesprochen, wie es wohl wenig Menschen gegeben, welche den Wechsel der Geschicke in so greifbar bedeutungsvoller Weise erfahren, von der Zeit des tiefsten Falls der Armee und des Staates bis zu den höchsten Höhepunkten irdischer M ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
21. März , Seite 2"...derjenigen Abgeordneten, welche das Reichsland nach Maßgabe der Verfassung in den Reichstag zu entsenden haben würde. Zu dem Beschluß, auch die Arbeiten der Landesgesetzgebung für Elsaß-Lothringen zu übernehmen, hat damals die Erwartung mitgewirkt, daß die Schwierigkeiten, welche die Berathung der Landesgesetze wegen der Eigenartigkeit der Verhältnisse dem Reichstage nothwendig bietet, durch die Theilnahme der elsaß-lothringischen Abgeordneten wesentlich werde gemindert werden. Man hegte die Hoffnung, daß diese Abgeordneten, wenn sie ein Mandat annähmen, ihre genaue Kenntniß des Landes und seiner Bedürfnisse zu dessen Besten in intensiver Betheiligung an der Arbeit verwerthen würden. Diese Hoffnung hat sich nicht in dem gewünschten Umfang erfüllt . Zwei Drittel der gewählten Abgeordneten haben ihr Mandat dadurch zu erfüllen geglaubt, daß sie sich von den Sitzungen des Reichstags konsequent ferngehalten haben; die übrigen haben an den Plenarverhandlungen zwar theilgenommen, an den vorbereitenden Arbeiten der K ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
21. März , Seite 3"...zugeben, weil er nichts nutzte, hat sie nicht Anstand genommen, offen und frei zu erklären, daß sie nicht daran denke, einen obersten Gerichtshof beizubehalten. Aber, meine Herren, damals hat der preußischen Regierung doch der Gedanke fern gelegen, daß der oberste Reichsgerichtshof aus Berlin verlegt werden solle. Sie wird jetzt wider ihren Willen vor die Frage gedrängt, ob ein oberster Landesgerichtshof beibehalten werden soll. Der oberste Gerichtshof hat für Preußen eine Bedeutung, die weit hinausgeht über die diesem Gerichtshofe zugewiesene Thätigkeit in Civil- und Strafsachen . Es liegen dem obersten Gerichtshof Preußens eine Reihe von Funktionen ob, welche vollständig außerhalb des Rahmens der Gerichts-Verfassung liegen. Für Preußen kommt außerdem noch Folgendes wesentlich in Betracht. Preußen ist dem Zuge der neueren Zeit gefolgt, wonach höchste Verwaltungsbehörden, welche eine der eigentlichen Gerichtsbarkeit ähnliche Thätigkeit üben, auch besetzt werden mit Mitgliedern der Gerichte. Die richterlichen ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
21. März , Seite 4"...die außerordentliche Wichtigkeit des mit Oesterreich abzuschließenden neuen Handelsvertrages für die ganze Zoll- und Handelspolitik Deutschlands hingewiesen. Es bedarf nicht der Versicherung, daß die Regierung von dieser Wichtigkeit vollständig durchdrungen ist. Man hat von der Besorgniß gesprochen, welche die deutsche Industrie in der Richtung hege, daß, ebenso wie für Eisen die Zollfreiheit eingeführt worden ist, eine Abschaffung der Eingangszölle auch für andere Industrie-Erzeugnisse bei Abschluß des Handelsvertrages mit Oesterreich vereinbart werden könnte. Diese Besorgnisse, wenn sie bei der deutschen Industrie bestehen, sind unbegründet. Ich glaube, das hohe Haus wird darin mit mir einverstanden sein und der Herr Vorredner hat selbst bereits darauf hingewiesen, daß die Regierung jetzt nicht in der Lage ist, Ihnen das Programm vorzulegen, von dem sie bei den Verhandlungen mit Oesterreich ausgehen wird. Allein, das glaube ich doch sagen zu dürfen, daß eine irgend wesentliche Ermäßigung oder eine Beseitigu ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
28. März , Seite 1"...No. 13. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 28. März 1877. Des Kaisers Dank für die Glückwünsche zum 22. März . Allerhöchste Ordre an den Reichskanzler. Der Tag, an welchem Ich Mein achtzigstes Lebensjahr vollendete, hat im deutschen Volke eine Mich tief rührende Theilnahme gefunden. Die Beweise derselben sind Mir aus allen Theilen des Reichs in der mannigfachsten Weise, namentlich in der Form von Adressen, schriftlichen und telegraphischen Glückwünschen, Gedichten, Kompositionen, Bildern, Blumen und anderen sinnigen, zum Theil kostbaren Spenden zugegangen. Städte und Dorfschaften, Korporationen und Vereine, Festgenossenschaften und einzelne Personen aller Stände haben sich beeilt, Mir die allgemeine festliche Stimmung des Tages zu zeigen, und nicht allein aus den Gauen des Vaterlandes, sondern auch von jenseits der deutschen Grenzen, selbst aus den fernsten Ländern habe Ich die Versicherung empfangen, daß überall, wo Deutsche weilten, Meiner in Liebe gedacht worden ist. Diese überreiche Fülle fre ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
28. März , Seite 2"...werde er von dem Rechte Gebrauch machen, welches die Verfassungsurkunde jedem Bundesbevollmächtigten gebe, eine Anschauung zu vertreten, wie sie nicht in dem Gesetzentwurf Ausdruck gefunden habe. Er sprach dabei als Ueberzeugung der verbündeten Regierungen aus, daß, wie auch die Meinungen darüber, ob Leipzig oder Berlin zu wählen sei, auseinandergehen, jede dieser Meinungen für sich es in Anspruch nehmen dürfe, daß damit nicht ein besonderes Landesinteresse, noch weniger aber gar ein lokales Stadtinteresse vertheidigt wird, sondern, daß die Vertheidiger hier und die Vertheidiger dort nur von dem Gedanken des Reichsinteresses getragen werden, und daß sie dabei so vorgehen, wie sie glauben, daß die Entwickelung unseres Rechtes in Deutschland und damit die Entwickelung unseres politischen Lebens überhaupt am besten gefördert werden könne . Die eigentliche Vertretung des ursprünglichen Vorschlags, Berlin zum Sitz des Reichsgerichts zu bestimmen, übernahm der preußische Justiz-Minister Dr. Leonhardt . Auch er beto ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
28. März , Seite 3"...liberalen Partei der Abänderungs-Antrag eingebracht, Berlin als Sitz des Reichsgerichts zu bestimmen . Außerdem beantragte der Abgeordnete Lasker , die Bestimmung aufzunehmen, daß die Befugniß zur Beibehaltung oberster Landesgerichtshöfe keine Anwendung auf denjenigen Bundesstaat finden soll, in welchem das Reichsgericht seinen Sitz erhält. Bei Begründung des letzterwähnten Antrages sagte der Abgeordnete Lasker : für die Wahl zwischen Berlin und Leipzig falle die Vorfrage ins Gewicht, ob Sachsen gewillt sei, seinen obersten Landesgerichtshof zu behalten , weil es schon eine Forderung des äußeren Anstandes sei, daß der Reichsgerichtshof am Orte seines Sitzes eine Jurisdiktion habe. Diese Frage sei nicht von der späteren sächsischen Gesetzgebung abhängig zu machen, und deshalb empfehle es sich, die Lösung derselben als Vorbedingung für den Sitz des Reichsgerichts hinzustellen. Zur Sache selbst erwog der Abgeordnete Lasker die Gründe, welche einerseits für Berlin, andererseits für Leipzig geltend gemacht werden. ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
28. März , Seite 4"...präsidiums und der preußischen Regierung zunächst im Bundesrathe einer Stimmenmehrheit unterlegen, und ist sodann der in solchem Gegensatze gefaßte Beschluß von einer Mehrheit des Reichstages bestätigt worden. Daß dem diesmaligen Zusammenwirken des Reichstages mit dem Bundesrathe ein richtiges und naturgemäßes Verhältniß nicht zu Grunde lag, läßt sich schon aus der Zusammensetzung der Mehrheit erkennen, welche den betreffenden Beschluß im Reichstage gefaßt hat: den Stamm und Kern derselben bilden im festen Zusammenhalt alle die Parteien, welche im regelmäßigen Laufe der Reichspolitik fast immer im Gegensatz zu den verbündeten Regierungen stehen, während alle sonst zur Regierungspolitik stehenden Parteien in sich zerfielen und nur durch ihre Zersplitterung jenen Elementen einen Zuwachs gewährten, der die unnatürliche Mehrheit entstehen ließ. Die Ursache des bedenklichen Ausganges liegt diesmal vor Allem im Bundesrathe, dessen Entscheidung, wie schon oben angedeutet, das Reichspräsidium in die Unmöglichkeit ver ..."