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Provinzial-Correspondenz
1877
24. Januar , Seite 1"...No. 4. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 24. Januar 1877. Die Prinzessin Carl von Preußen ist am vorigen Donnerstage ihren Leiden erlegen: der 18. Januar, sonst ein Ehren- und Freudentag der preußischen Monarchie, ist diesmal unserem Königshause ein Tag tiefen Schmerzes geworden. Prinzessin Marie Luise Alexandrine, geborene Herzogin von Sachsen, hatte am 3. Februar 1808 in Weimar, der damaligen Lieblingsstätte der deutschen Musen, das Licht der Welt erblickt. Mit ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Augusta, der jetzigen Deutschen Kaiserin, wuchs sie dann im Schlosse zu Weimar und in den Lustschlössern zu Belvedere und Ettersburg heran. Die vorzüglichsten Lehrer wurden für sie gewonnen; auch Goethe gab freudig Rath und Anleitung für ihren Unterricht. Nach der Konfirmation machten die Töchter mit ihrer Mutter eine Reise nach Petersburg, wo sie durch anmuthige Schönheit und auserlesene Bildung die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Prinzeß Marie hatte das achtzehnte Jahr erreicht, als die Pr ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
24. Januar , Seite 2"...Sozialdemokratie und Fortschrittspartei. Im Laufe dieser Woche finden noch in einer großen Zahl von Wahlkreisen die engeren Wahlen zum Reichstage statt: Angesichts der Gefahren, welche das mächtige Hervortreten der Sozialdemokratie am 10. Januar an den Tag gebracht hat, werden die patriotischen und einsichtigen Männer überall in erhöhtem Maße die Pflicht erkennen, an ihrem Theil die bürgerliche Gesellschaft vor dem weiteren Anwachsen jener Gefahren schützen zu helfen. Bei den engeren Wahlen ist wenigstens einem Theil des deutschen Bürgerthums die Möglichkeit gegeben, jetzt noch nachzuholen, was bei den allgemeinen Wahlen versäumt worden ist, und durch allseitig vollzähliges Erscheinen an der Wahlurne die Widersacher der bürgerlichen Gesellschaft an weiteren Erfolgen zu hindern. Das deutsche Volk weiß jetzt, um wie Großes für die Gesammtheit und damit zugleich für das Wohl jedes Einzelnen es sich handelt, – und kein Wahlberechtigter, der irgend im Stande ist, sich zur Wahl zu begeben, wird vor sich oder vor An ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
24. Januar , Seite 3"...ließen, auf wen sie zielten, doch aber vorsichtig genug gehalten waren, um einer strafrechtlichen Verfolgung lange Zeit jede Handhabe zu entziehen. Nachdem es lange Zeit unmöglich erschienen war, dem heuchlerischen, raffinirten Treiben des Blattes, welches den Namen „Deutsche Reichsglocke" angenommen hatte, strafrechtlich beizukommen, bot im letzten Dezember ein beispiellos frecher und zugleich ungewohnt unvorsichtiger Angriff gegen den Direktor des Berliner Stadtgerichts eine durch keine Ausflucht mehr hinwegzuräumende Handhabe zum gerichtlichen Einschreiten. Alsbald traten nunmehr die Anzeichen des schlechten Gewissens der Redaktion hervor: der eigentliche Herausgeber des Blattes, Joachim Gehlsen, ergriff unverweilt die Flucht und ging nach der Schweiz, der angeblich verantwortliche Redakteur erwies sich als eine nur vorgeschobene völlig unbedeutende Person. Die in dem Artikel erhobene Anschuldigung stellte sich in allen Theilen als eine der frechsten Verleumdungen heraus. Das wichtigste Ergebniß der damali ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
24. Januar , Seite 4"...mich nicht in Krieg und Korrespondenz einlassen. Also, ich kann zunächst amtlich konstatiren, daß ein namhafter Redacteur in der sozialistischen Partei, Herr Lossow, der auch zum Reichstage in Vorschlag gebracht worden ist, in öffentlicher Versammlung erklärt hat, es sei damals ein ultramontaner Reichstags-Abgeordneter zu Herrn Bebel gekommen und habe ein Kompromiß zwischen Ultramontanen und Sozialdemokraten vorgeschlagen Behufs der Wahl des Herrn Gehlsen in Hagen mit der Verpflichtung, daß demnächst die Ultramontanen mit den Sozialisten in Solingen für den sozialdemokratischen Kandidaten stimmen sollten ( was inzwischen geschehen ist ). Herr Bebel habe dieses Ansinnen abgelehnt, denn – sie brauchten eine derartige Unterstützung » nicht mehr «, sie rechneten auf mehr als eine Mandel Sitze. Nun, daß diese Partei sich in der That sehr erheblich für das Blatt interessirt hat, ist ja gar nicht zu bezweifeln. Es finden sich auch noch andere Parteien in dieser Korrespondenz vertreten; so ein Brief von (dem sozial-d ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
31. Januar , Seite 1"...No. 5. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 31. Januar 1877. Prinz Wilhelm. Der älteste Sohn unseres Kronprinzen, Prinz Friedrich Wilhelm Victor Albert, hat am 27. Januar das achtzehnte Lebensjahr vollendet und damit das Alter der prinzlichen Großjährigkeit erreicht. Auf diesen Prinzen, welcher, so Gott will, dereinst die Krone Preußens und die deutsche Kaiserkrone tragen soll, sind die Augen des gesammten Volkes mit besonderer Theilnahme gerichtet, und die Feierlichkeit, mit welcher er soeben am Tage der erreichten Volljährigkeit in das Staatsleben eingetreten ist, ist in dem allgemeinen Bewußtsein als ein Vorgang von höherer Bedeutung betrachtet worden. Der monarchische Sinn unseres Volkes weiß es als eine besondere Gnade zu würdigen, daß neben unserem Heldenkaiser im ruhmgekrönten Silberhaar zunächst der fürstliche Sohn in der Fülle der Manneskraft steht, mit eigenem reichem Lorbeerschmuck und mit offenem Sinn und Herz für alle Interessen des Volkes und für alle erhabenen Aufgaben des fürstliche ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
31. Januar , Seite 2"...der Ost- und Nordsee« und ist seinem gesammten Inhalte nach eine an Schweden, Dänemark und Holland gerichtete Warnung vor den Eroberungsgelüsten Deutschlands oder, wie das französische Blatt konsequent schreibt, »Preußens«, und zugleich eine Aufforderung, sich zur Abwehr der drohenden Gefahr zu rüsten und sich dabei auf verwandte Interessen zu stützen. Der wesentliche Inhalt des Artikels ist folgender: »Die Flotten von Dänemark, Schweden und Holland gehören zu denen, welche durch eine furchtbare Nachbarschaft mit einer mehr oder weniger nahen Niederwerfung bedroht sind. Man ist darüber in den genannten Ländern nicht ohne Befürchtungen. Und diese Befürchtungen sind keineswegs grundlos; denn sie werden durch ernste Anzeichen bestätigt. Preußen sucht seine Gelüste nicht zu verhüllen. Vor dem Kriege mit Frankreich machte es kein Geheimniß aus seinem Begehr nach Elsaß und Lothringen. Heute verbirgt es ebenso wenig seine Pläne auf Dänemark und Holland. Zur Vorbereitung des richtigen Augenblickes ist es gewohnt die ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
31. Januar , Seite 3"...den deutschen Volkscharakter begleitet wird. Der Vergleich kommt zu dem Schlusse, – den teutonischen Stämmen, die von friedlichen Wettkämpfen nichts wissen wollen, dürfe man zurufen: »Ihr habt uns besiegt, indem ihr uns, wie die Legionen des Varus, fast wehrlos überfallen habt; aber unsere Kraft ist nicht erschöpft, – sie fließt lebendiger als je in unsern Adern. In den Forschungen, auf die ihr so stolz seid, sind wir euch mindestens gleich, wenn nicht überlegen. – Nur in Einem müssen wir eure Ueberlegenheit anerkennen, wenn auch nicht beneiden. Ihr spionirt in unseren Büchern, wie es eben eure Gewohnheit ist, und stehlt uns unsere Ideen. Die Lehre vom latrocinium honestum (von dem erlaubten Diebstahl), welche nach Tacitus bei den Germanen von jeher zum nationalen Unterricht gehörte, wird bei euch im großen Maßstabe ebenso von euren Gelehrten, wie von euren Soldaten geübt .« Das ist der Geist und Ton, in welchem eines der ernstesten französischen Blätter vom deutschen Volke spricht. Man sieht: es ist System u ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
31. Januar , Seite 4"...der Betroffenen an Unterkunft, Kleidung und Nahrung ist bisher durch das energische Zusammenwirken der Staats- und Kommunalbehörden und des in der Stadt Elbing gebildeten Hülfscomités erfolgreich begegnet worden. Nach den letzten amtlichen Mittheilungen wurden 740 Familien mit Geld und Kleidung unterstützt; eine Anzahl von Familien ist miethsweise in Privatwohnungen untergebracht, gegen 100 Personen werden in der Turnhalle in Elbing vollständig verpflegt. Die zur Verfügung stehenden Mittel, die bei dem so trefflich bewährten Wohlthätigkeitssinn unserer Mitbürger, wie zu erwarten steht, auch ferner reichlich zufließenden Spenden werden voraussichtlich genügen, den augenblicklich hervorgetretenen Rothständen der von der Ueberschwemmung betroffenen Personen wirksame Abhülfe zu gewähren; für den Fall aber, daß außer den bereits zur Verfügung gestellten Staatsmitteln noch weitere Mittel nothwendig werden sollten, ist der Regierungs-Präsident in Danzig schon vor einiger Zeit ermächtigt worden, die erforderlichen Be ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
07. Februar , Seite 1"...No. 6. Provinzial-Correspondenz. Fünfzehnter Jahrgang. 7. Februar 1877. Das Zeughaus zu Berlin. In der Thronrede unsers Königs zur Eröffnung des Landtages war unter den zu erwartenden Vorlagen die wegen anderweitiger Einrichtung des Zeughauses zu Berlin besonders hervorgehoben. Der König legte dieselbe den beiden Häusern mit den Worten ans Herz: »Ich rechne auf Ihre Mitwirkung, um in der Sammlung der Trophäen unseres Kriegsruhms und aller die Entwickelung des vaterländischen Kriegswesens bezeichnenden Erinnerungen den kommenden Geschlechtern ein würdiges Denkmal der Thaten ihrer Vorfahren zu hinterlassen.« Der Gedanke, welcher dem Entwurfe zu Grunde liegt, der Gedanke, der in einer langen Reihe ruhmvoller Feldzüge eroberten Siegeszeichen in einer den patriotischen Sinn anregenden Gesammtaufstellung zu vereinigen und hierzu das großartig angelegte Berliner Zeughaus nach dem Plane seines Erbauers zu benutzen, war bereits nach den Freiheitskriegen angeregt worden, kam jedoch wegen anderweitiger Benutzung der Räu ..." -
Provinzial-Correspondenz
1877
07. Februar , Seite 2"...bestimmt ist, das Gedächtniß der begeisterten Hingebung lebendig zu erhalten, welche unser Volk in den Epochen großer Entscheidungen beseelt und mächtig erhoben hat, das Gedächtniß des nationalen Aufschwungs, welcher von Stufe zu Stufe bis zur Vollendung des Deutschen Reiches geführt hat. Der Sitz des Reichsgerichts. Das Gesetz über die deutsche Gerichtsverfassung schreibt vor, daß der Sitz des Reichsgerichts durch ein besonderes Gesetz bestimmt werden solle. Der Reichskanzler hat dem Bundesrathe einen Gesetzentwurf vorgelegt, durch welchen die vorbehaltene Bestimmung getroffen werden soll. Die beschleunigte Entscheidung über den Sitz des Reichsgerichts ist dringend, schon weil die baulichen Vorbereitungen, welche nothwendig vorangehen müssen, eine erhebliche Zeit in Anspruch nehmen werden und bis zu dem 1. Oktober 1879, zu welchem spätestens das Inslebentreten des neuen Gerichtshofes in Aussicht genommen ist, nicht herzustellen sein würden, wenn die Feststellung des Orts nicht schon in der nächsten Session d ..."