"...No. 51. Provinzial-Correspondenz. Zwanzigster Jahrgang. 20. Dezember 1882. Die Wirkungen des Sozialistengesetzes. Die Ergebnisse der diesmaligen Reichstagsverhandlung, betreffend die Ausführung des Sozialistengesetzes, sind von denjenigen früherer Jahre wenig verschieden gewesen. Bringt man die von den Vertretern der Regierung zur Sprache gebrachten neuen thatsächlichen Momente in Abzug, so bleiben andere als bereits früher vernommene Auseinandersetzungen kaum übrig. Zur Charakteristik der Reden, mit denen die Abgeordneten von Vollmar und Grillenberger den Stimmungen ihrer Wähler zu Hülfe zu kommen versuchten, genügt die Erinnerung an den Ausspruch des Abgeordneten Windthorst, daß die Herren nur in der bisherigen Weise fortzufahren brauchten, damit ihre Reichstagsreden von den Regierungen künftig an die Stelle der offiziellen Denkschriften gesetzt werden können. – Eigentlich Neues ist auch von den Rednern der übrigen Parteien nicht beigebracht worden, weil die Stellung der einzelnen Fraktionen zu der in Rede ..."

"...die mißleiteten Schichten des deutschen Volks nicht zu üben vermocht haben, – das wird bei Beurtheilung der Wirkungen des Sozialistengesetzes so wesentlich in Betracht gezogen werden müssen, daß die mit dem gegenwärtigen Zustande verbundenen, unzweifelhaften Uebel als immerhin erträgliche bezeichnet werden können. Erörterungen darüber, daß zur Beseitigung der sozialdemokratischen Gefahr äußere Repressionsmittel nicht genügen und daß die Wiederherstellung wahrhaft befriedigender Zustände allein das Werk einer auf Erfüllung des berechtigten Kerns der Arbeiterforderungen gerichteten sozialpolitischen Gesetzgebung sein kann, sind seit Erlaß der Kaiserlichen Botschaft vom 17. November 1881 und Veröffentlichung der beiden gegenwärtig dem Reichstag vorliegenden Gesetzentwürfe gegenstandslos geworden. Es wird darauf ankommen, diese Arbeiten zum Abschluß zu bringen und dieselben ihre Wirkungen üben zu lassen. Daß andere als sozialdemokratische Einwirkungen auf die sozialistisch gesinnten Kreise des deutschen Volks übe ..."

"...geht und ausgehen muß, wie ich bei der Etatsberathung nachzuweisen bereits die Ehre gehabt habe; andererseits hat die Regierung sich nicht dazu entschließen können, wie ich ebenfalls schon hervorgehoben hatte, die Abhülfe für das eben erörterte dringende Bedürfniß nach der ihr zugeschriebenen Theorie des Vakuums vorzuschlagen, vielmehr hat sie es als ihre ernste Aufgabe angesehen, Ihnen diese ebenso wohlgemeinten, als ernst gemeinten Vorschläge zugleich mit zu unterbreiten, durch welche der Staatskasse der vorauszusehende Einnahmeausfall Zug um Zug aus einer andern Quelle ersetzt werden kann und soll. Unter den Mitteln und Wegen, die dafür überhaupt ernstlich in Betracht kommen konnten und deren nicht viele sind, ist der Regierung keines geeigneter und leichter ausführbar, keines unbedenklicher und rathlicher erschienen, als der im zweiten Theil dieses Gesetzentwurfes enthaltene Vorschlag einer Ergänzung unserer Gewerbesteuer in der Richtung auf stärkere Heranziehung des Vertriebes der geistigen Getränke und ..."

"...dieses Programmes und vorbehaltlich aller Bereitwilligkeit zu einer Verständigung im einzelnen, der Zeit und selbst dem Gegenstande nach, sind, das glaube ich, die einmal bewilligten Steuererlasse aufrecht zu erhalten; sie liegen in der Richtung dieses Programms; im Sinne jenes Programms, glaube ich, ist unser Mehrbedarf weder ganz noch zu einem erheblichen Theile durch Erhöhung des direkten Steuersystems zu decken, und glaube ich zu einer Reform der direkten Steuer erst dann rathen zu können, wenn mit Hülfe weiterer indirekten Steuern die Ueberweisungen und Aufhebungen erfolgt sein werden, welche wir im Sinne jenes Programms beabsichtigen und über welche wir uns mit Ihnen demnächst zu verständigen haben und zu verständigen hoffen. Denn man organisirt doch nicht erst etwas neu, was man noch abgeben oder aufgeben will. (Zusammenhang des neuen Gesetzes mit der Reichssteuerreform und Bedeutung der letzteren). Der Herr Abgeordnete von Schorlemer hat neulich sehr schön von dem idealen Bande gesprochen, welches die ..."

"...No. 87. Neueste Mittheilungen. Verantwortlicher Herausgeber: Dr. H. Klee. Berlin, Freitag, den 22. December 1882. Weihnachten! Das schöne Weihnachtsfest steht vor der Thür. Es ist ein Freudenfest, das besonders festlich zu begehen gerade in Deutschland zu einer schönen Volkssitte geworden. Es ist ein Fest für Jung und Alt, für Hoch und Niedrig, ein Familienfest, welches in der Hütte wie im Königshause in gleicher Weise gefeiert wird: um den im Lichterglanze strahlenden Baum breiten sich die Geschenke aus, mit denen die Familienglieder sich gegenseitig überrascht und erfreut haben. In der Weihnachtszeit tritt für jeden Beruf eine Ruhe- und Erholungspause ein: die alltägliche Arbeit macht einer fröhlichen Festesstimmung Platz. So ist die Volkssitte. Das Fest ist ein lebendiger Beweis von der Macht der Volkssitte selbst für unsere so rationalistische und materialistische Zeit, die bewußt oder unbewußt an der Zerstörung alles Ueberlieferten und Volksthümlichen arbeitet und zu deren Begriffen und Ideen ein solches ..."

"...Von welchen Motiven hierbei das Centrum geleitet wird, das zu errathen ist nicht schwierig. Der Schlüssel der Situation liegt in den kirchenpolitischen Bestrebungen der Partei, welche bessere Chancen für sich erhofft, wenn sie die Thätigkeit der Regierung und der Conservativen lahm legt, als wenn sie durch Unterstützung derselben eine Verständigung über die Erfüllung berechtigter Wünsche und Bedürfnisse erleichtert. Diese Situation mag in gewissem Sinne ihre Unbequemlichkeiten haben, insofern als hierdurch eine Art von Stillstand in der Gesetzgebung eintritt, so lange sich nicht die Nationalliberalen von ihrem zuwartenden Standpunkt entfernen. Aber einen Zwang wird sie voraussichtlich weder auf die Regierung noch auf die Conservativen ausüben. Eine Politik, welche auf den Pessimismus speculirt und durch diesen zum Ziele gelangen zu können hofft, wird sich selbst die Schuld beimessen müssen, wenn sie von Anderen überflügelt wird, welche das „Fischen im Trüben" satt haben. Der Handel Genuas mit Deutschland und ..."

"...übergeben. Die Verhandlungen über diesen Steuerreformentwurf haben von Neuem gezeigt, daß die Parteien Neigung haben, die Steuerreform in andere Bahnen zu lenken und namentlich eine bessere Gestaltung der directen Steuern herbeizuführen, statt auf dem Wege einer Ausbildung des indirecten Steuersystems fortzufahren. Unter solchen Umständen erscheint die Aussicht auf eine Verständigung über die Vorlage keine sehr günstige zu sein. Ebenso wie die indirecte Reichssteuerreform von der Regierung fest im Auge behalten wird, gedenkt sie auch Mängel des Zolltarifs zu beseitigen. Als solche haben sich namentlich die zu geringen Positionen für die Einfuhr von rohem und gesägtem Holz herausgestellt, deren Erhöhung bereits im Bundesrath beantragt worden ist. Auch scheint eine Erhöhung der Zölle auf moussirende Weine und auf die sog. Pariser Artikel mit Hinblick darauf rathsam zu sein, daß die französischen Geschäftsleute aus nationaler Abneigung eine Art von Sperre gegen deutsche Fabrikate eingeführt haben: Bestellungen i ..."

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