"...No. 48. Provinzial-Correspondenz. Vierzehnter Jahrgang. 29. November 1876. Gefahren für die Reichsjustizgesetze. Die zweite Berathung der großen Justizgesetze geht ihrem Abschlusse entgegen; die Civilprozeß-Ordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz nebst dem Einführungsgesetze sind bereits vollständig durchberathen, die Strafprozeßordnung wird voraussichtlich bis zum Schlusse dieser Woche erledigt werden können. Die Berathungen sind im Reichstage ebenso wie vorher in der Justizkommission augenscheinlich von sachlichem Ernst und von dem Bewußtsein der großen Bedeutung des nationalen Werkes getragen; – leidenschaftliche Erörterungen vom Standpunkte des bloßen politischen Parteiwesens sind dem Verlaufe der Berathung fremd geblieben und auf keiner Seite ist ein bewußtes Bestreben hervorgetreten, das Gelingen zu vereiteln. Und doch ist die Zuversicht des Gelingens durch die Beschlüsse der letzten Woche keineswegs erhöht worden. Die Punkte ungelösten Widerspruchs zwischen den Bundesregierungen und dem Reichstage ha ..."

"...generellen Revision des gesammten Handelsgesellschaftsrechts ein Zwischengesetz erlassen werde, welches einer Wiederkehr der Ausschreitungen bei der Gründung, der Verwaltung und dem geschäftlichen Betriebe von Aktienunternehmungen thunlichst entgegenzuwirken geeignet erscheint. Vornehmlich soll dem sogenannten Gründungswesen mit den der Gesetzgebung zu Gebote stehenden Mitteln thunlichst entgegengetreten werden. Die Hauptquelle der meisten Uebelstände besteht auf diesem Gebiete darin, daß diejenigen Personen, welche den ersten Keim zu einem Aktienunternehmen legen und die Entwickelung desselben thatsächlich leiten, bis durch den Abschluß der sämmtlichen Vorverhandlungen die äußere Lebensfähigkeit hergestellt ist, hierbei – unbekümmert um die wirthschaftliche Berechtigung und das spätere Schicksal des Unternehmens – von keinem anderen Motive, als dem der Sicherung des eigenen Gründerlohnes und der Abwendung jeder weiteren Verantwortlichkeit sich leiten lassen. Das Unternehmen der sogenannten Gründer wird nicht ..."

"...man beispielsweise dem Prozeß Arnim sehr viele Härten vorwerfen, aber servil sind die Richter des Stadtgerichts gewiß nicht gewesen. Eine Neigung, nach oben sich zu fügen, haben sie in keiner Weise gezeigt. Freilich wird in politisch aufgeregten Zeiten auch die politische Meinung des Richters nicht ganz verschwinden, aber die in dieses Gesetz aufgenommenen Garantien genügen für eine gute Rechtsprechung; und jedenfalls steht der Richter unbefangener außerhalb des Parteienkampfes, als die Geschworenen . Setzt man das Schwurgericht für Preßvergehen nur als eine Abweichung von den sonstigen Einrichtungen ein; so erweckt man in den halb gebildeten Schichten, zu denen die Geschworenen doch größtentheils gehören, die bestimmte Meinung: wenn es sich um die Presse handelt, hört das strenge Recht auf und die souveräne Ueberzeugung des Volkes, die an das Gesetz nicht gebunden ist, fängt an. Das ist aber eine sehr gefährliche Ansicht . Ich erwarte nicht sowohl politischen Parteisinn von den Geschworenen, als vielmehr das ..."

"...daß der späteste Termin für die Einführung im ganzen Reiche der 1. Oktober 1879 sein solle. Die Kommission ging hierbei von der Ansicht aus, daß dieser Endtermin lange genug bemessen sei, um alle Vorbereitungen zu treffen, welche die Gesetzgebung der Einzelstaaten zur Einführung der Justizgesetze und zu ihrer praktischen Wirksamkeit in den einzelnen Ländern für nothwendig erachten würde. Sollte sich indeß, was nicht anzunehmen, herausstellen, daß der Termin doch noch zu kurz bemessen sei, so werde jeder Reichstag gewiß gern bereit sein, ihn dem Bedürfniß entsprechend durch ein Nachtragsgesetz zu verlängern. Der Justiz-Minister Dr. Leonhardt bat wiederholt und dringend, die feste Bestimmung nicht aufzunehmen. Die verbündeten Regierungen hätten gewiß ein gleich hohes, ja ein höheres Interesse an der baldigen Durchführung der Justizgesetze, wie der Reichstag. Wer je Organisationen durchgemacht habe, werde überzeugt sein, daß die allerdringendsten Gründe dafür sprechen, die Zwischenzeit auf die allerkürzeste Fris ..."

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